Tadschikistan

Eines der repressivsten Länder der Welt

Das gebirgige Tadschikistan in Zentralasien wird autoritär reagiert, die Justiz ist unter Kontrolle der Regierung, Kritiker und Oppositionelle werden mit unfairen Verfahren und schweren Strafen ausgeschaltet. Armut treibt viele Tadschiken in die Emigration, Familien leben getrennt, manchmal bleiben Kinder alleine im Land zurück.

Die meisten Tadschiken sind Muslime, allerdings schränkt ein sehr restriktives Gesetz das religiöse Leben ein. Religion soll nur in staatlich registrierten und kontrollierten Gemeinschaften ausgeübt werden. Begründet wird das damit, religiöse Extremisten würden die Sicherheit des Staates gefährden. Im Visier stehen Islamisten, doch die Restriktionen treffen auch die Christen.

Über die «Road and Belt»-Initiative ist China daran, seinen Einfluss in der Region auszubauen. Tadschikistan kann dadurch Infrastrukturprojekte verwirklichen, doch gleichzeitig wächst die Abhängigkeit vom grossen Nachbarn im Osten.

 

Unsere Hilfe in Tadschikistan

Humanitäre Hilfe

  • Lebensmittel und Winterhilfe für bedürftige Familien, Rentner und Behinderte.
  • Mittagstisch für bedürftige Kinder und Familien
  • Arbeit unter Obdachlosen

 

Sommerlager

  • Lager für bedürftige Kinder und Jugendliche

 

 

Ausführliche Informationen zu Tadschikistan

Tadschikistan entstand, als das zentralasiatische Hochland 1924 auf Befehl eine Republik der Sowjetunion wurde, anfänglich noch verbunden mit Usbekistan. Es folgten dramatische Umwälzungen: Kollektivierung, Umsiedlungsaktionen, politische Säuberungen, Einführung des Atheismus, Reform von Sprache und Schrift ... In die gleiche Zeit fallen aber auch die Errichtung des Gesundheits- und des Bildungswesens, Alphabetisierungskampagnen, die Industrialisierung, der Bau von Infrastruktur. Von diesen Errungenschaften zehrt das Land bis heute.

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion wurde Tadschikistan 1991 – wieder unfreiwillig – ein eigener Staat. Gleich nach der Unabhängigkeit brach ein Bürgerkrieg aus, der sieben Jahre dauerte und über 60'000 Menschenleben forderte.

 

Mit harter Hand regiert

Tadschikistan ist gemäss Verfassung eine demokratische Präsidialrepublik, wird aber autoritär regiert. Es gilt als eines der repressivsten Länder der Welt. Laut Amnesty International wird häufig und massiv gegen Menschenrechte verstossen, oft unter dem Vorwand, die nationale Sicherheit sei in Gefahr oder Terrorismus drohe. Die Justiz ist unter Kontrolle der Regierung, Kritiker und Oppositionelle werden mit unfairen Verfahren und schweren Strafen ausgeschaltet.

 

Extreme Berge und extreme Armut
Mehr als die Hälfte Tadschikistans liegt auf über 3000 Metern ü. M., mehrere Gipfel im Pamirgebirge sind über 7000 Meter hoch. Das Leben in den bergigen Gebieten ist hart: Wegen unpassierbarer Strassen können Dörfer im Winter monatelang von der Umwelt abgeschnitten sein. Kohle für die Heizung muss auf Eseln angeliefert werden, da es keine andere Transportmöglichkeit gibt. In vielen Dörfern gibt es keine Elektrizität und das wirkt sich auf die Gesundheit der Menschen aus: Weil mit Holz und Kohle gekocht und geheizt wird, ist die Luft in den Häusern denkbar schlecht. Tadschikistan gehört zu den ärmsten Ländern weltweit. Ein grosser Teil der Schulen sind baufällig, vielerorts herrscht Lehrermangel.

 

Frauen und Kinder in Tadschikistan
Viele tadschikische Männer arbeiten im Ausland, die Verantwortung für Kinder und Haushalt lastet auf den Schultern von Frauen. Manche Familien sehen den im Ausland arbeitenden Ehemann und Vater nur einmal im Jahr. Gleichzeitig sind sie ganz auf das Geld angewiesen, das er nach Hause schickt, denn gerade in ländlichen Gegenden finden die zumeist wenig gebildeten Frauen kaum Arbeit. Manchmal sind beide Elternteile im Ausland und dann bleiben Kinder sich selber überlassen. Manche landen auf der Strasse. Die Konsequenzen der extrem hohen Arbeitsmigration sind der Regierung bekannt, unternommen wird allerdings kaum etwas.

Viele Tadschiken leiden unter Mangel- oder Fehlernährung. Für Kinder sind die Auswirkungen verheerend, denn Defizite in der Wachstumsphase können im Erwachsenenalter nicht nachgeholt werden. Eigentlich bieten die Schulen Mahlzeiten an, doch nicht alle haben die Mittel dazu. Dann verlangen sie Nahrungsmittel und Feuerholz von den Eltern. Manche Eltern sind nicht in der Lage, etwas zu geben, und halten deswegen ihre Kinder vom Schulunterricht fern.


Menschenhandel

Auch in Tadschikistan gibt es Ausbeutung und Menschenhandel, der Kampf dagegen ist wenig effektiv. Es gibt zwar eine spezielle Polizeieinheit dafür, eine Notfallhotline und Ermittlungen zur Aufdeckung von Netzwerken und Komplizen. Korruption behindert aber alle Anstrengungen. Ungenügend ist auch die Opferhilfe.


Religionsfreiheit stark eingeschränkt
Über 90 % der Einwohner Tadschikistans sind Muslime, nur gut 3 % Christen (Russisch-Orthodoxe, Evangelische, Katholiken …). Die meisten Muslime sind gemässigt, aber nicht alle. Nachdem Islamisten immer fordernder auftraten, hat der Staat ab 2007 Moscheen geschlossen. Seit 2009 ist ein restriktives Religionsgesetz in Kraft. Es verbietet jede religiöse Betätigung ausserhalb staatlicher Kontrolle. Alle Religionsgemeinschaften mussten eine neue Registrierung beantragen. Mangels erfolgter Registrierung ist derzeit die Tätigkeit zahlreicher Moscheen, der einzigen Synagoge des Landes und einiger protestantischer Gruppen verboten. Seit 2011 verbietet ein Gesetz Minderjährigen die Teilnahme an Gottesdiensten, religiösen Veranstaltungen und am Religionsunterricht nichtregistrierter Glaubensgemeinschaften. Selbst für die Vermittlung religiöser Werte und Überzeugungen innerhalb der Familie drohen Strafen.


Ein Land mit Potenzial
Das Pamirgebirge mit seinen beeindruckenden Gipfeln und seltenen Pflanzen ist touristisch noch kaum erschlossen. Mit etwas Geschäftssinn könnte die wunderbare Natur genutzt werden, doch genau daran mangelt es. Um die Energieversorgung zu verbessern, wird ein riesiger Staudamm gebaut. Mit 335 Metern soll die Staumauer die höchste weltweit werden. Auch der Kohleabbau soll gefördert werden. Diverse Infrastrukturprojekte stehen im Zusammenhang mit der chinesischen «Road and Belt»-Initiative. Der grosse Nachbar China baut Handelsrouten für seine Güter aus und vergrössert seinen Einfluss in der Region.

 

Quellen
Tadschikistan: Grüne Schulgärten verbessern die Gesundheit der Kinder, www.caritas.ch, 12.06.2020
Menschenhandel – Die Situation in Zentralasien verschlechtert sich, www.novastan.org, 26.09.2018
Aufbauhilfe in Tadschikistan, www.audimax.de, 21.11.2017
Invest in Visions Impulse Q3 2019, www.investinvisions.org
Tadschikistan möchte die Kohleförderung um das Zehnfache erhöhen, www.novastan.org, 10.10.2019
«Verlässliche» Schweizer Hilfe im Pamirgebirge, www.swissinfo.ch, 25.09.2015
Tadschikistan, www.liportal.de, 12.06.2020
Die fünf höchsten Gipfel Zentralasiens, www.novastan.org, 01.07.2019
Arbeitslosigkeit, Armut und Missbrauch: Das Leben der Frauen in den entlegenen Gebieten Tadschikistans, www.novastan.org, 09.12.2018
Der Alltag zentralasiatischer Frauen: Tadschikistan, www.daz.asia, 08.03.2018
Verlorene Kindheit – Über die Kinder tadschikischer Arbeitsmigranten, www.novastan.org, 18.01.2018
 

 

 

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