
Belarus
Eine Diktatur am Scheideweg
Belarus gilt als Europas letzte Diktatur. In der Tat führt Präsident Lukaschenko sein Land seit 1994 mit harter Hand. Erst 2020, als seine Wahl zum Präsidenten ganz offensichtlich gefälscht war, gingen viele Belarussen auf die Strasse und protestierten. Ihr Widerstand war aber wirkungslos.
Belarus ist in vieler Hinsicht von seinem grossen Nachbarn Russland abhängig. Die Beziehung ist also keine auf Augenhöhe, sondern letztendlich von Russland dominiert.
Vieles in Belarus läuft fast noch wie zu sowjetischen Zeiten. Die Wirtschaft wird weitgehend staatlich gelenkt, entgegen aller marktwirtschaftlichen Gesetze.
Unsere Hilfe in Belarus
Lebensmittel
Jährlich werden über 150 Tonnen Lebensmittel an Bedürftige verteilt. Davon sind 60 Tonnen Kartoffeln, die Armen helfen, den Winter zu überstehen.
Kleider
Drei- bis viermal jährlich fährt ein Lastwagen der Christlichen Ostmission mit gebrauchten Kleidern aus der Schweiz nach Belarus. Lokale Mitarbeitende verteilen die rund 50 Tonnen Kleider und Schuhe an Bedürftige, Kinder- und Altersheime sowie Spitäler. Dies geschieht in Zusammenarbeit mit örtlichen Sozialämtern, Kirchgemeinden und Selbsthilfe-Organisationen.
Spitex Bethanien
Betagte und Menschen mit einer Behinderung kommen mit Pflege und Haushalt oft nicht zurecht. Die meisten haben auch finanzielle Probleme, denn Renten oder Sozialleistungen reichen nicht zum Leben. Viele leiden an Einsamkeit.
In vier Städten kümmern sich Mitarbeiterinnen der Bethanien-Spitex um Betroffene. Ihre Dienste gehen von Körperpflege über Kochen, Putzen, Waschen, Einkaufen bis hin zum Wasserholen am Brunnen. Nebst der praktischen Unterstützung schätzen Klientinnen und Klienten auch Gespräche und vor allem das Zuhören. Dabei wachsen mit der Zeit vertrauensvolle Beziehungen.
Die Betreuerinnen geben Gottes Liebe durch Tat und Wort weiter. Dies ermöglicht benachteiligten Menschen, trotz Krankheit, Behinderung und Armut würdig zu leben und zu sterben.
Ausführliche Informationen zu Belarus
Belarus (Weissrussland) erklärte sich 1991, nach dem Zerfall der Sowjetunion, zum unabhängigen Staat. Das Land litt damals noch stark an den Folgen der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl, die 1986 ein Viertel des Territoriums kontaminiert hatte.
Anders als viele andere Länder, die aus der Sowjetunion hervorgingen, ist das offizielle Belarus russlandfreundlich geblieben. Langzeitherrscher Lukaschenko geniesst bis heute Rückendeckung aus Moskau. Seine Beziehung zum russischen Präsidenten ist allerdings zwiespältig, denn die wirtschaftliche Abhängigkeit des kleinen Belarus von Russland ist riesig. Unter anderem bezieht Belarus Gas aus Russland und zahlt dafür weniger als andere Länder, weil das Land den «grossen Bruder» unterstützt. Dank solcher Abhängigkeiten kann Putin Belarus jederzeit unter Druck setzen
Kommunistisches Erbe wirkt nach
Einzigartig ist Belarus auch darin, dass nach wie vor staatliche Stellen grosse Teile der Wirtschaft nach planwirtschaftlichen Grundsätzen steuern. Das hat dazu geführt, dass Betriebe international nicht konkurrenzfähig sind und viele unrentable Strukturen am Leben erhalten werden. Die Kosten für den Staat sind hoch, Geld- und insbesondere Devisenknappheit ist ein Problem.
Rund 10 % der Leute arbeiten in der Landwirtschaft, vorwiegend in staatlichen Betrieben, die Kartoffeln anbauen oder Vieh züchten. Ein grosser Teil der Bevölkerung ist in staatlichen Industriebetrieben tätig. Wichtige Zweige sind die Maschinenindustrie, die Konsumgüterproduktion, Bergbau oder Düngerproduktion.
Lange hatte Belarus ein für die Region einzigartiges Sozialsystem, was dem Regime beträchtliche Zustimmung im Volk sicherte. Es ist aber kaum mehr finanzierbar; entsprechend stagnieren Sozialleistungen, während Güter des täglichen Bedarfs immer teurer werden.
Breite Teile der Bevölkerung haben heute grosse Mühe, den Lebensunterhalt zu decken. Die Löhne sind niedrig. In der Hauptstadt kann man bis zu 1000 Franken monatlich verdienen, im Rest des Landes höchstens die Hälfte. Noch schlechter gestellt sind Pensionierte. Renten, die noch auf Ansätzen aus der Sowjetzeit beruhen, sind ungenügend. Kommt hinzu, dass viele Leute in den chaotischen Jahren nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion nichts in den Rentenfonds einzahlten und auch deshalb heute weniger Rente erhalten. Gut gestellt sind fast nur ehemalige Polizisten, Beamten und Funktionäre sowie Angehörige des Militärs. Die übrigen Pensionierten erhalten monatlich um die 120 bis 140 Franken, zu wenig zum Leben. Wer irgendwo ein Fleckchen Erde hat, pflanzt dort Kartoffeln und Gemüse für den Eigenbedarf oder auch zum Verkaufen.
Knapp 60 % der belarussischen Bevölkerung bezeichnet sich als religiös. Gemäss Zahlen von 2021 sind gut 82 % orthodox, Katholiken bilden mit ca. 12% die bedeutendste religiöse Minderheit Alle anderen – von Evangelischen bis zu Muslimen – kommen zusammen nur auf etwa 16 %.
Gesundheitswesen
Das belarussische Gesundheitswesen garantiert allen Leuten gratis (bzw. über Steuern finanzierte) medizinische Versorgung. Es herrscht aber in manchen Spitälern Personalknappheit, weil Fachkräfte auswandern.
Ein grosses gesundheitliches und soziales Problem ist der hohe Alkoholkonsum. Laut Weltgesundheitsorganisation war der Pro-Kopf-Verbrauch von reinem Alkohol vor ein paar Jahren der höchste weltweit. Belarussische Behörden bestreiten das jedoch.
Menschenhandel
Belarus ist Ursprungs-, Transit- und Bestimmungsland des Menschenhandels. Seit einigen Jahren geht der Staat hart gegen Menschenhändler vor. Die Haftstrafen für solche Verbrechen sind so hoch, dass Rekrutierer den Besuch des Landes verweigern.
Die wichtigsten Wege, um an Opfer zu gelangen, sind darum das Anwerben über Internet und die so genannte zweite Welle. Dabei werden Frauen, die bereits in den Fängen von Menschenhändlern sind, genötigt, weitere Frauen anzuwerben. Sie müssen Bekannten von einem leichten Job für gutes Geld erzählen und dies mit gefälschten Fotos untermauern. Opfer machen mit bei diesem grausamen Täuschungsmanöver, weil man ihnen im Gegenzug die Freiheit verspricht. Zudem sind viele durch das, was sie erleben und erleiden, emotional so abgestumpft, dass sie tun, was ihre Peiniger befehlen.
Ein weiteres Problem ist die Ausbeutung von Belarussen, die als Gastarbeiter nach Russland gehen. Nicht selten kommen sie ohne Geld, manchmal auch mit schlimmen Verletzungen nach Hause. Manche kommen nie zurück.